Wärme aus den Tiefen der Erde auch in Kaiserslautern nutzbar?

Wie Geothermie die Wärmewende in Kaiserslautern vorantreiben kann: Ein Blick auf das Projekt „Pfälzer Wärme“, das nachhaltige Energie aus der Tiefe der Erde nutzbar machen will – sicher, regional und zukunftsorientiert.

Mehrere Vibro-Trucks, auf einem Feldweg. Vibro-Trucks sind spezielle Lastwagen mit großen Rädern und Messaufbauten, welche durch Vibration (Ultraschall) Bilder des Untergrundbeschaffenheiot erstellen,

Schon die Römer haben heißen Quellen geschätzt. Auch heute wird die wohlige Wärme aus dem Untergrund genutzt. Zukunftsweisend in Form der Geothermie.

Was ist Geothermie?

Geothermie ‒ oder auch Erdwärme ‒ ist die Energiegewinnung aus hohen Temperaturen, die unterhalb der Erdoberfläche in den Erd- und Gesteinsschichten herrschen. Diese Art der Energiegewinnung ist regional, kostenstabil und nachhaltig. Erdwärme ist unerschöpflich. Sie entsteht über den mehrere Tausend Grad heißen Kern der Erde.

In der Erdkruste, auf der wir leben, ist es glücklicherweise nicht mehr ganz so heiß. Die Erdkruste ist rund 30 Kilometer dick. Bei einem Apfel entspräche das etwa der Schale eines Apfels. In einer Tiefe von rund drei Kilometern hat es bereits dauerhaft rund 100 °C. Diese Wärme können wir nutzen, zum Beispiel für unser Fernwärmenetz.

Wie funktioniert Geothermie?

mit ganzer Energie Titelheft

Um die Wärme in drei Kilometern Tiefe zu nutzen, brauchen wir eine geeignete Gesteinsschicht und ein Wärmeträgermedium. Das kann zum Beispiel heißes Wasser. sein. Unter uns gibt es verschiedene Gesteinsschichten. Manche davon sind sehr porös und haben viele Kluft- und Hohlräume. Andere sind relativ dicht. Porenreiche Gesteine können mit heißem Wasser gefüllt sein, wie ein großer Schwamm. In den Kluftzonen hingegen fließt das Wasser.

An das heiße Tiefenwasser gelangt man über eine Bohrung. So wird das Tiefenwasser an die Oberfläche gefördert. Es kann dann durch einen Wärmetauscher fließen. Dort überträgt das Tiefenwasser die Wärme auf das Wasser in unserem Fernwärmenetz. Anschließend wird das nun abgekühlte Tiefenwasser über eine zweite Bohrung zurück in den Untergrund gebracht. Das System ist so geplant, dass sich das abgekühlte Wasser in der Tiefe auf seinem Weg zurück zur Förderbohrung wieder aufwärmt. Dieser Kreislauf macht Geothermie zu einer nachhaltigen Energiequelle. Und das mit regionaler Wertschöpfung.

Diese starken Argumente bestätigt auch Dr. Uwe Baaske, Projektleitung Geothermie „Pfälzer Wärme“ bei den SWK Stadtwerken Kaiserslautern: „Es ist unsere Verantwortung, Energieversorgung neu zu denken. Auch im Hinblick auf die kommenden Generationen. Tiefengeothermie ist ein starker Grundbaustein, eine nachhaltige und unabhängige Energieversorgung aufzubauen. Führt unser Projekt zum Erfolg, dann haben wir den passenden Schlüssel für eine erfolgreiche Wärmewende in der Hand.“

Wie sicher ist Geothermie?

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt: Geothermie kann sehr sicher genutzt werden. Aus anfänglichen Herausforderungen wie in Landau wurde viel gelernt. Neben der Technik wurde der gesetzliche Rahmen angepasst. Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wurden eingeführt.

Ampelsystem warnt frühzeitig

Eine Seismik-Ampel schützt Gebäude und Infrastruktur. Mit vielen Messstationen wird der Untergrund rund um eine Geothermie-Anlage überwacht. Zeichnen die Messgeräte Schwingungen auf, werden diese anhand eines Ampelsystems beurteilt. Wird der vorgeschriebene Grenzwert überschritten, wird die Leistung der Geothermie-Anlage reduziert. Bei deutlich zu hohen Werten kann die Anlage auch abgeschaltet werden. So stellen wir sicher, dass keine Erschütterungen ausgelöst werden, die Schäden verursachen.

mit ganzer Energie Titelheft

Zusätzlicher Schutz durch das Bundesberggesetz

In großen Tiefen, wie von uns geplant, gilt für die Geothermie außerdem das Bundesberggesetz (BBergG). Es gibt strenge Regeln zum Schutz von Grund- und Trinkwasser vor, die regelmäßig überwacht werden. Zudem ist im Bundesberggesetz die „Beweislastumkehr“ festgelegt. Sollte es tatsächlich einmal zu einem Schadensfall kommen, so muss der mögliche Verursacher, zum Beispiel der Betreiber einer Geothermie-Anlage, nachweisen, dass der Schaden nicht von ihm verursacht wurde. Ist das nicht möglich, werden Schäden mithilfe der verpflichtenden Haftpflichtversicherung beglichen.

Ist Geothermie in Kaiserslautern überhaupt möglich?

In Kaiserslautern stehen wir noch am Anfang. Im Gegensatz zum Oberrhein oder dem Großraum München gibt es hier noch keine Geothermie-Anlagen. Mit der Erkundung des Wärme-Potenzials unter unseren Füßen leisten wir Pionier-Arbeit für die ganze Region. Finden wir in der Tiefe eine poröse Gesteinsschicht mit Kluft- und Hohlräumen sowie heißem Tiefenwasser, können wir dieses nutzen.

Schallwellen können in den Untergrund „schauen“

Für die Suche nach geeignetem Gestein kommt 3D-Seismik zum Einsatz, eine mit Ultraschall vergleichbare Technologie . Bei den seismischen Messungen werden Schallwellen in den Untergrund geschickt. So können wir in viele Kilometer tief blicken. Dafür braucht es entsprechend große Geräte. Bei uns kommen als Schallquellen „Vibro-Trucks“ zum Einsatz.

Ein Vibro-Truck ist ein LKW. Er wiegt bis zu 30 Tonnen und besteht aus einem Generator und einer Rüttelplatte. Für die 3D-Seismik fahren mehrere Konvois mit je zwei bis drei Vibro-Trucks entlang einer geplanten Strecke. Alle 30 Meter hält der Konvoi an und die Trucks senken ihre Rüttelplatten auf den Boden ab. Anschließend werden die Platten für wenige Sekunden zum Schwingen gebracht. Diese Schwingungen dringen in Form von Schallwellen in den Untergrund ein und werden dort an den Grenzen der verschiedenen Gesteinsschichten zurückgeworfen. Die reflektierten Schallwellen werden an der Oberfläche mit kleinen Messgeräten, den „Geophonen“, aufgezeichnet.

mit ganzer Energie Titelheft

In Kaiserslautern und Umgebung werden wir großflächig über 22.000 Geophone auslegen. Das geschieht entlang von Straßen und Wegen, an Wiesen und Feldern sowie auf städtischen und privaten Grundstücken. Die Geophone sind über GPS lokalisiert und speichern während der Messdauer (ca. vier bis sechs Monate) alle Daten. Geophone sind hochsensible Messgeräte. Die kleinen würfelförmigen Kästchen haben eine Seitenlänge von ca. 15 cm. Sie zeichnen die reflektierten Signale auf und verarbeiten und speichern sie. Anschließend werden die Geophone eingesammelt und ausgelesen.

Aktuell bereiten wir die Messungen vor. Neben der Streckenplanung werden Genehmigungen eingeholt. Die seismischen Messungen sind außerhalb der Vegetations- und Brutzeit von Herbst 2025 bis Frühling 2026 in einem Zeitraum von ca. 6 Wochen geplant. 

Standort für eine Geothermie-Anlage steht frühestens 2027 fest

Die Daten über unseren Untergrund werden von Expertinnen und Experten ausgewertet. Sie erstellen ein 3D-Modell der Gesteinsschichten unter Kaiserslautern. Ausgehend von dem Modell wird entschieden, ob Geothermie möglich ist. Falls die Ergebnisse vielversprechend sind, können mit dem Modell die Bohrungen geplant werden. Dieser Vorgang braucht allerdings Zeit. Deshalb wird frühestens ab 2027 ein Standort für eine Geothermie-Anlage gesucht.

Den aktuellen Stand des Projektes und alle weiteren Informationen finden Sie auf

www.pfaelzer-waerme.de.

Das könnte Sie auch interessieren